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Rechtliche Aspekte
Zitation:
Blümm, M., Fritsch, K., Bock, S., Hackenbuchner, J., Arning, U., & Förstner, K. U. (2024). 10_LE_Rechtliche-Aspekte. FDM@Studium.nrw Blended-Learning-Basiskurs „Forschungsdatenmanagement“ (Version 1.0). https://landesinitiativefdmnrw.github.io/FDMatStudium/thk/texte/10_LE_Rechtliche-Aspekte.html
Lernziele
Hinweis:
Die angegebene Information dient lediglich als Orientierung für Studierende und Forschende. Sie ersetzt keine fachkundige Beratung zu rechtlichen Aspekten im Umgang mit Daten. Somit sind alle Informationen ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit
Lernziele
In diesem Themenblock bekommen Sie eine Einleitung zu den wichtigsten rechtlichen Aspekten, die Sie im FDM beachten müssen. Aspekte zu Datenschutz, mitunter Anonymisierung und Pseudonymisierung, zum Urheberrecht, zur Nachnutzung von Daten und zu Lizenzierungen werden hier vorgestellt.
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Leitlinien für das wissenschaftliche Arbeiten
Unter Anderem sind Hinweise zur Befolgung von rechtlichen und ethischen Aspekten in den „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG 2022) festgehalten. An diese angelehnt, gibt es institutsinterne Richtlinien zu guter wissenschaftlicher Praxis und für den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten, wie sie in diesem Falle die TH Köln verabschiedet hat. Diese Richtlinie hält beispielsweise fest, dass die TH Köln und ihre Forschenden beim FDM ethische Belange sowie rechtliche Vorgaben zu Datenschutz, Urheberrecht und Geheimhaltung oder von Dritten beachten. Jede:r Student:in der TH Köln ist in der wissenschaftlichen Arbeit somit zu deren Einhaltung verpflichtet und trägt die Verantwortung dafür, dass sein/ihr Verhalten diesen Standards entspricht. Verstöße gegen Richtlinien können Konsequenzen haben. Weitere Informationen zum Thema wissenschaftliche Integrität finden Sie auf dem entsprechenden Portal der Deutschen Forschungsgemeinschaft. https://wissenschaftliche-integritaet.de
Rechtliche Aspekte
Für den Forschungsprozess und das FDM sind folgende Rechtsgebiete relevant:
- Datenschutz (Europäische Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO; Bundesdatenschutzgesetz, Landesdatenschutzgesetze, ggf. Landeshochschulgesetze)
- Urheberrecht (und Leistungsschutzrechte)
- Ggf. Vertragsrecht / Patentrecht / Geheimhaltungsvereinbarung
Diese Rechtsgebiete werden nachfolgend eingeführt, und welche Aspekte Sie dabei im FDM beachten müssen werden erläutert.
Einführung zum Thema Datenschutz
"Die EU-Grundrechtecharta und das deutsche Grundgesetz gewähren jedem Menschen ein Recht auf den Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten" (Forschungsdaten.info 2024d). Sobald dieser Personenbezug entfällt, bzw. betroffene Personen nicht (mehr) identifiziert werden können, greift das Datenschutzrecht nicht und diese Daten können grundsätzlich verarbeitet werden (Depping 2023). Das Themengebiet Datenschutz ist insbesondere bei der eigenen Erhebung von Daten relevant.
Personenbezogene Daten sind „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person [...] beziehen“ (DSGVO, Artikel 4). Eine „identifizierbare“ Person kann direkt oder indirekt mittels Zuordnung identifiziert werden, beispielsweise anhand eines Namens, einer Kennnummer, Standortdaten, einer Online-Kennung, oder anhand von besonderen Merkmalen, die physischer, physiologischer, genetischer, psychischer, wirtschaftlicher, kultureller oder sozialer Natur sein können (Depping 2023).
Die Erhebung von personenbezogenen Daten ist verboten. Es sei denn, die Einwilligung der betroffenen Person wurde gegeben. Diese muss nachweisbar sein, kann jedoch widerrufen werden (Art.7, Abs.3 DSGVO). - Mehr zum Thema „Informierte Einwilligung“ finden Sie unter https://www.forschungsdaten-bildung.de/einwilligung
Bei der Erhebung von personenbezogenen Daten müssen außerdem Landesdatenschutzgesetze beachtet werden. In der DSGVO sind ebenfalls Regelungen zur Erhebung, Verarbeitung, Speicherung und Archivierung von personenbezogenen Daten vorhanden (Schutzmaßnahmen z. B. Pseudo/Anonymisierung*). Es ist zwingend erforderlich, sich beim Umgang mit Daten vorab mit diesen Gesetzen auseinanderzusetzen.
Anonymisierung / Pseudonymisierung
Durch die Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung von personenbezogenen Forschungsdaten kann der Personenbezug der Daten eliminiert oder zumindest von den anderen Daten separiert werden.
Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat. (o D.). Datenschutzerklärung [Pressemeldung](https://www.bmi.bund.de/DE/service/datenschutz/datenschutz_node.html;jsessionid=485ADBB3471A8DC3929B314FEF0B05E B.1_cid505#doc9390964bodyText)
Mit einer erfolgreichen Anonymisierung der Daten, so dass die betroffene Person nicht (mehr) identifiziert werden kann, werden personenbezogene Informationen aus den Forschungsdaten gelöscht. In dem weiteren Umgang mit diesen Forschungsdaten, spielt der Datenschutz nun keine Rolle mehr. Ein Beispiel für eine Anonymisierung von Daten wäre die Entfernung direkter Identifikationsmerkmale (Name, Adresse, Telefonnummer usw.).
Bei einer Pseudonymisierung werden Daten, durch die betroffene Personen identifiziert werden können, durch Pseudonyme ausgetauscht (z. B. Namen werden gegen Nummern ausgetauscht). Bei möglicher Re-identifizierung der ursprünglichen Daten greift der Datenschutz weiterhin. Nur bei sicherer Trennung der Pseudonyme und der identifizierbaren Daten kann der Datenschutz entfallen. Mehr Information dazu finden Sie unter „Rechtliche Aspekte des Forschungsdatenmanagements“ von Depping 2023.
Beispiele für Forschungsdaten mit Personenbezug:
- Name von Probanden
- E-Mail-Adresse
- Anschrift oder Telefonnummer
- Matrikelnummer von Studierenden
- Usernamen auf Onlineplattformen oder andere Online-Kennungen
- Besonders sensible Datenkategorien (in Artikel 9. DSGVO):
- Genetische oder biometrische Daten
- Gesundheitsdaten
- Sexuelle Orientierung
- Religiöse Ansichten -- (Forschungsdaten.info 2024e)
Bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten sind die in Artikel 5, DSGVO genannten Datenverarbeitungsgrundsätze zu beachten:
- Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz.
- Zweckbindung,
- Datenminimierung,
- Richtigkeit,
- Speicherbegrenzung,
- Integrität und Vertraulichkeit,
- Rechenschaftspflicht.
Quelle: Forschungsdaten.info 2023 -->
Einführung zum Thema Urheberrecht
Beim wissenschaftlichen Arbeiten ist es möglich, auf unterschiedliche Weise vom Urheberrecht betroffen zu sein, etwa wenn Sie Daten und Arbeiten von Dritten verwenden, die urheberrechtlich geschützt sind, oder eigene Ergebnisse (z. B. anhand von erstellten Umfragen) als geschützte Werke produzieren, und diese ggf. von Dritten nachgenutzt werden können/würden.
Was ist das Urheberrecht und wer ist ein:e Urheber:in?
Das Urheberrecht schützt das Recht eines Urhebers an seinem/ihrem Werk (die produzierte Arbeit/Daten) und garantiert das Eigentumsrecht an dem besagten Werk sowie das alleinige Entscheidungsrecht über Verwertung und Nutzung durch Dritte. Dieser Schutz beginnt automatisch mit der Entstehung des Werkes (§ 11 UrhG).
Hinweis:
Die Prüfung erfolgt im Einzelfall.
Jede natürliche Person, die ein Werk durch eigene Leistung geschaffen hat ist ein:e Urheber:in.
Was ist ein Werk?
„Eine persönliche geistige Schöpfung, die einen gewissen Grad an Eigentümlichkeit, Originalität oder auch Individualität aufweist und die man sinnlich wahrnehmen kann.“ Beispiele von geschützten Werken (inkl. Forschungsdaten) sind (§ 2 Abs. 2 UrhG):
- Studien
- Texte und Wissenschaftliche Artikel
- Publikationen
- Datenbanken
- Computerprogramme, Software und Code
- (Wissenschaftliche) Darstellungen (z. B. Pläne, Karten, Zeichnungen, Abbildungen, Videos, Tabellen)
Mehr Information zu geschützten Werken, beispielsweise in der Literatur, Wissenschaft und Kunst, finden Sie in § 2 UrhG. Generell stellt das Bundesministerium der Justiz und das Bundesamt für Justiz zur Nachsicht nahezu das gesamte aktuelle Bundesrecht kostenlos im Internet zur Verfügung. Näheres dazu finden Sie auf deren Seite „Gesetze im Internet“ https://wissenschaftliche-integritaet.de.
Qualitative Forschungsdaten, wie beispielsweise Sprachwerke (qualitative Interviews oder längere Texte) können urheberrechtlich geschützte Formulierungen, Strukturen und Gedankenführungen enthalten. Wenn diese jedoch durch ‚fachliche Gepflogenheiten‘ vorgegeben sind, ist ein urheberrechtlicher Schutz ausgeschlossen.
Auf quantitativen Forschungsdaten hingegen, wie beispielsweise Messergebnisse oder statistische Daten, besteht bei den Erhebungen grundsätzlich kein urheberrechtlicher Schutz. (Krähwinkel, Langner, Lipp, et al., 2022, Abschnitt 9.4.2)
Bei Forschungsdaten, die nicht urheberrechtlich geschützt sind, fehlt es an rechtlichen Bestimmungen.
Hinweis:
Die Prüfung erfolgt im Einzelfall.
Im Folgenden sind Beispiele von Werken, die nicht urheberrechtlich geschützt sind, aufgeführt (Kreutzer & Fischer 2023):
- (reine) Fakten
- (reine) Informationen
- Messergebnissen
- Gedanken
- Konzepte
- Ideen
- Digitalisate
- Automatisch generierte Forschungsdaten
(Eigene) einzelne Forschungsdaten an sich sind auch nicht geschützt. Einzelne Forschungsdaten sind erst geschützt, wenn Daten in einem Sammelwerk oder einem Datenbankwerk zusammengefasst werden.
Hinweis:
Geschützt sind dabei nicht die einzelnen Datenelemente, sondern deren Zusammenstellung bzw. strukturelle Anordnung im Gesamtwerk.
Wann endet der Urheberrechtsschutz?
70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG). Damit wird es zu einem gemeinfreien Werk und kann somit frei verwendet werden.
Rechtliche Aspekte bei Creative-Commons-Lizenzen
Forschungsdaten sind unter standardisierten Lizenzen (z. B. Creative-Commons-Lizenzen) zu veröffentlichen. Creative-Commons-Lizenzen, oder CC-Lizenzen, wurden bereits unter „Daten finden und nachnutzen“ vorgestellt. Dort finden Sie mehr Information zu den unterschiedlichen Lizenzen. Hier wird auf einige erweiterte rechtliche Aspekte zu den CC-Lizenzen eingegangen.
TIP
Bei der Nachnutzung wird durch eine Creative-Commons-Lizenz das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht berührt. Der/die Urheber:in muss bei jeder Verwertung korrekt angegeben werden.
Hinweis:
Falls keine Lizenz existiert, dürfen urheberrechtlich geschützte Daten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Urheber:innen nachgenutzt werden (Kreutzer & Fischer 2023).
Leitfragen und Aufgaben
Leitfragen
Auf welche rechtlichen Aspekte sollte bei der Datenerhebung geachtet werden?
In welchen Phasen des Datenlebenszyklus können rechtliche Belange relevant sein? Welche Rechtsgebiete sind dabei betroffen?
Wem gehören die in einem Forschungsvorhaben erhobenen Forschungsdaten?
Aufgabe
Arbeiten Sie die angegebenen Materialien durch und beantworten Sie für sich die Fragen. Dokumentieren und reflektieren Sie Ihre Ergebnisse in Ihrem Lernportfolio.
ScaryTale
- Nummer 54: Gesprächiger Konfettiregen https://forschungsdaten-thueringen.de/geschichten/articles/20211028-gespr%C3%A4chiger-konfettiregen.html
Reales Beispiel
- Wie Trump Regierungsdokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe nach seiner Amtszeit außerhalb des Weißen Hauses in seinem Badezimmer aufbewahrte. https://www.spiegel.de/ausland/donald-trump-geheimdokumente-sollten-wirklich-nicht-im-bad-aufbewahrt-werden-a-decafda9-c172-49ec-bdef-47191e82a2e
Weiterführende Materialen und Quellen
Literatur
Böker, E., Brettschneider, Peter. (2020, 23. April). Forschungsdaten - Rechte und gute wissenschaftliche Praxis. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.3763040
Brettschneider, P., Biernacka, K., Böker, E. et al. (2021, 24. August). Urheberrecht und Lizenzierung bei Forschungsdaten. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.5243232
Forschungsdaten.info. (2023, 5. Mai). Rechte und Pflichten. Zugriff am 18.10.2023, von https://www.forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/
Forschungsdaten.info. (2024a, 6. März). Forschungsdaten veröffentlichen. Zugriff am 12.06.2024, von https://forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/forschungsdaten-veroeffentlichen/
Forschungsdaten.info. (2024b, 6. März). Deutsches Recht und Copyright. Zugriff am 12.06.2024, von https://forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/deutsches-recht-und-copyright/.
Forschungsdaten.info. (2024c, 6. März). Urheberrecht. Zugriff am 12.06.2024, von https://forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/urheberrecht/
Kreutzer, T., & Fischer, G. (2023). Urheberrecht in der Wissenschaft. Ein Überblick für Forschung, Lehre und Bibliotheken. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.8284551
Lauber-Rönsberg, A. (2021). 1.4 Rechtliche Aspekte des Forschungsdatenmanagements. In M. Putnings, H. Neuroth & J. Neumann (Ed.), Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement (S. 89- 114). Berlin, Boston: De Gruyter Saur. https://doi.org/10.1515/9783110657807-005
Leibniz Universität Hannover & Technische Informationsbibliothek. (2018). FAQs zu rechtlichen Aspekten im Umgang mit Forschungsdaten (Version 180215). Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.1173546
Verbund FDB. (2022, 22. Juli). Informierte Einwilligung. Zugriff am 18.10.2023, von https://www.forschungsdaten-bildung.de/einwilligung
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (Freund). (2020). In Verlag Dr. Otto Schmidt eBooks (S. 47–194). https://doi.org/10.9785/9783504385781-007
Quellen
Depping, R. (2023). Rechtliche Aspekte des Forschungsdatenmanagements – Eine Einführung. Arbeitspapier. http://kups.ub.uni-koeln.de/id/eprint/71057
Deutsche Forschungsgemeinschaft. (2022). Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Kodex. https://doi.org/10.5281/zenodo.6472827
Forschungsdaten.info. (2024d, 6. März). Recht und Forschungsdaten – ein Überblick. Zugriff am 12.06.2024, von https://www.forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/recht-und-forschungsdaten-ein-ueberblick/
Forschungsdaten.info. (2024e, 6. März). Datenschutzrecht. Zugriff am 12.06.2024, von https://forschungsdaten.info/themen/rechte-und-pflichten/datenschutzrecht/
Krähwinkel, E., Langner, P., Lipp, R., et al. (2022). HeFDI Data Learning Materials: Forschungsdatenmanagement – eine Online-Einführung (Version 1.0). Zenodo. https://zenodo.org/records/6373596#.Y9Jfo4fMJPZ
Kreutzer, T., & Fischer, G. (2023). Urheberrecht in der Wissenschaft. Ein Überblick für Forschung, Lehre und Bibliotheken. DOI: https://doi.org/10.5281/zenodo.8284551